Annähernd 100 Herxheimer junge Männer kämpften im Laufe des Zweiten Weltkrieges als Soldaten zweimal auf dem Gebiet der heutigen Ukraine, beim Vormarsch 1941 und bei den Abwehr- und Rückzugskämpfen 1943. Zahlreich fanden sie dort den Tod und ihr Grab. So auch Ludwig August Zotz.
Ludwig Zotz wurde am 28. Dezember 1915 in Herxheim als zweites von sieben Kindern des Landwirtsehepaares August Zotz und Magdalena geb. Settelmeyer geboren. Sein Elternhaus stand in der Käsgasse 10. Nach dem Besuch der Volksschule besuchte er die Landwirtschaftsschule in Landau. Das Abschlusszeugnis der Landwirtschaftsschule Landau vom 2. Mai 1935 weist hervorragende und lobenswerte Noten auf. Als ältestes der Kinder hätte er traditionsgemäß die elterliche Landwirtschaft einmal übernehmen sollen.
Auf Grund eines erhaltenen Leistungsbuches der SA von 1934 müsste Ludwig Zotz als 18-Jähriger der SA beigetreten sein. Wir wissen, dass Ludwig Zotz am 3. November 1937 in Landau zum Wehrdienst einrücken musste. Im Oktober 1938, also noch in Friedenszeiten, wurde er zum Gefreiten befördert. Wahrscheinlich weilte er nach der Wehrausbildung noch für einige Zeit zu Hause. Dem Obergefreiten Ludwig Zotz wurde am 20. März 1940 das „Deutsche Schutzwall-Ehrenzeichen“ verliehen. Damit wurden jene Personen bedacht, die mindesten 15 Wochen beim Bau des „Westwalls“ mitgewirkt hatten.

Vom 10. Mai bis 1. August 1940 nahm er am Frankreich-Feldzug teil. Direkt zu Beginn des Russlandfeldzugs (22. Juni 1941) wurde er an die Ostfront versetzt und zum Stabsgefreiten befördert. Der extreme russische Winter 1941-42 brachte ihm wie den meisten deutschen Soldaten der Ostfront erfrorene Zehen und Finger und hinterher die Ostmedaille, unter Landsern „Gefrierfleischorden“ genannt. Dem Stabsgefreiten Ludwig Zotz wurde am 28. November 1942 das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern und am 5. August 1943 das Eiserne Kreuz 2. Klasse für besondere Tapferkeit verliehen. Zwischen diesen Ereignissen bekam Ludwig nochmals Heimaturlaub. Diesen nutzte er, um am 4. Dezember 1942 mit Margarete Kerner aus der Augustastraße den Ehebund einzugehen.
Seine Beförderung zum Unteroffizier wurde zum 1. August 1943 ausgesprochen. In dieser Zeit, da die deutschen Truppen schon in harten und verlustreichen Abwehrkämpfen standen, schrieb Ludwig an seine Eltern und Geschwister (Vertont als Audio unter dem Text):
Liebe Mutter und Geschwister,
heute habe ich endlich wieder Zeit, um euch zu schreiben. Wie geht es daheim zu? Ich habe bis jetzt noch keine Post von euch. Ihr könnt euch vorstellen, wie mir zumute ist. Bei mir ist es immer noch dasselbe. Ich sitze Tag und Nacht in einem kleinen Loch, das man sich als Infanterist geschaufelt hat und wartet und wartet auf das Ende des Krieges. Hoffentlich geht er bald aus und wir kommen alle gesund nach Hause.
Gestern hat der Russe wieder bei uns angegriffen und wir hatten wieder zwei Tote und viele Verletzte, aber noch nicht ein Drittel so viel wie er vor unserer Stellung. Dutzendweise liegen sie (russische Soldaten) dort. Fast lauter alte Männer. 45-50 Jahre. Gestern hat es bei uns Phosphor geschossen. Wenn es einen da trifft, verbrennt man, aber jede Kugel trifft ja nicht und wenn, dann hat es in Gottes Namen sein müssen.
Habt ihr Kartoffel schon ausgemacht und sind sie schön? Wo sind Ludwig, Franz und Oswald? Hoffentlich geht es ihnen nicht so dreckig wie mir. Mein Namenstag werde ich diesmal in weiten Fernen 1500 km von der Heimat feiern. Hoffentlich kann ich mir an diesem Tag auch was leisten, vielleicht eine Stunde Schlaf mehr wie sonst. Das Essen ist hier sehr gut. Es gibt jeden Tag Schokolade und Schnaps (…). Aber lieber würde ich daheim die schwerste Arbeit leisten mit Quellkartoffeln und Griebenwurst. Hier darf man einfach nicht denken. Ich will jetzt schließen in der Hoffnung auf ein Wiedersehen.
Euer Ludwig
Schickt mir bitte Seife und Rasiermesser. Auch ein Wollschal wäre angenehm, denn hier ist es schon kalt.
In Briefen nach Hause durfte der Aufenthaltsort nicht mitgeteilt werden, um dem Feind im gegebenen Falle keine Informationen zu liefern. Die Briefe wurden in der Regel auch zensiert und gelegentlich findet man darin von der Zensur geschwärzte Stellen. Deshalb erfahren wir gelegentlich erst mit der Vermissten- bzw. Gefallenenmeldung, wo der Soldat im Felde stand. Im Falle von Ludwig Zotz war das der Nordabschnitt der Ostfront. In einem Brief an die Ehefrau vom 26. Januar 1944, verfasst von dem Kompanieführer, Leutnant Blawid, erfahren wir:
„Mitten aus schwerstem Einsatz muss ich Ihnen die traurige Mitteilung machen, dass ihr Gatte, der Unteroffizier Ludwig Zotz, seit dem 13. Dezember 1943 vermisst ist. Am 13. Dezember legten der Russe in den frühen Morgenstunden ein pausenloses Trommelfeuer auf unsere Stellungen bei Alexejenki, etwa 30 km nördlich von Gorodok, dem ein Großangriff folgte. Da der Feinddruck zu stark war, musste die Stellung auf eine zweite Linie zurückgenommen werden. Dort wurde ihr Mann nicht mehr gesehen. Sofort angestellte Vernehmungen und Nachforschungen bei den Kameraden blieben leider ohne Erfolg. Sollte ich noch irgendetwas über den Verbleib ihres Gatten erfahren, werde ich Sie sofort benachrichtigen. (…) Sollten sich noch irgendwelche Nachlasssachen beim Tross befinden, gehen Ihnen diese in nächster Zeit zu. Die Benachrichtigung konnte wegen der harten und schweren Kämpfe leider erst heute erfolgen.“
Ob Ludwig Zotz seinen am 12. September 1943 geborenen Sohn in die Augen schauen und sich über ihn freuen konnte, ist nicht belegt, aber eher unwahrscheinlich.

Ludwigs Bruder Bruno Zotz war zwei Monate zuvor 19-jährig an der Ostfront gefallen. Es war eine Zeit der Dauertrauer in Herxheim und ganz Deutschland, trafen doch jede Woche Nachrichten vom Tod an der Front bei den zu Hause auf die Rückkehr ihrer Kinder, Geschwister oder Ehemänner Harrenden ein. Im Gedenkbuch der Kriegsgräberstätte Sebesh auf russischem Boden und in der Kriegergedächtniskapelle Herxheim wird an Ludwig Zotz erinnert.
(Dr. Klaus Eichenlaub)