Ein Projekt der Koblenzer Kulturwissenschaft
und des Innenministeriums Rheinland-Pfalz

Josef Anton (1919-1942)

Das Elternhaus von Josef Anton stand in der Unteren Hauptstraße 146 im Schatten des Kirchturms, rechts neben dem später angelegten Parkplatz. Die einzige Glocke, die dem Turm geblieben war – die anderen waren abgehängt und zur Waffenherstellung eingeschmolzen worden – verkündete 1942 seinen Tod an der Ostfront.
 

Josef Anton war das 9. Kind des Landwirts und Wagnermeisters Eduard Anton und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Bullinger und kam am 29. September 1919 auf die Welt. Der Name des väterlichen Berufs war zum Spitznamen für die Familie und deren Kinder geworden. Deshalb hieß er in Herxheim „Wachner Sepp“. Von den insgesamt 12 Kindern der Familie waren vier schon im Kleinkindalter gestorben. Von den überlebenden Kindern war Josef der erste Bub. Nach der Volksschule erlernte er wie sein Vater das Handwerk des Wagners. Schließlich sollte er die Werkstatt seines Vaters einmal übernehmen.

Foto der Familie Anton aus Mutterstadt. Josef Anton ist in der oberen Reihe links zu sehen.

Nach der Niederlage Polens und Frankreichs zu Beginn des 2. Weltkrieges lag der Plan zum Überfall des Deutschen Heeres auf Sowjetrussland bereits in den Schubladen der Militärs. Das deutsche Heer wurde dafür materiell und personell aufgerüstet. 21-jährig musste Josef Anton am 4. Oktober 1940 beim Pionierersatzbataillon 33 in Speyer einrücken. Am 10. Juni 1941 war seine Ausbildung zu Ende und nur wenige Tage später, am 22. Juni, finden wir Josef Anton mit seiner Einheit an der Ostfront. Er war Zeuge des “Blitzkrieges” und des Durchbruchs der deutschen Einheiten in die Tiefen der Sowjetunion. Bereits zwei Monate später wurde er mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse und dem Pionier Sturmabzeichen ausgezeichnet.

Josef Anton kam mit 21 Jahren an die Ostfront.

Der harte Winter stoppte den Vormarsch der Deutschen ebenso wie der Widerstandswille der sowjetischen Soldaten. Im Februar 1942 schrieb Josef einen Brief von der Front nach Hause:

“Ihr wollt also wissen, wo ich bin und was ich mitgemacht habe. Von Anfang Dezember bis Neujahr habe ich an den Kämpfen teilgenommen bei Klino(?). Da war ja allerhand los. Das kann man so nicht schreiben. Dabei gab es fast keine Zeit zum Schreiben. Deshalb wart ihr so lange ohne Post. Jetzt, nachdem wir die Winterstellung bezogen haben, ist es ruhiger. Wir arbeiten die Stellungen aus. Das ist unsere Aufgabe. In der Hoffnung, dass das Gesuch durchgeht, grüßt euch alle recht herzlich euer Sepp”

Weihnachtsgrüße von der Front im Jahre 1941

Das Gesuch, von dem Josef schreibt, war sicherlich das Gesuch auf Fronturlaub. Zu diesem aber kam es nicht mehr. Die Schlacht um Moskau tobte unvermindert. Die deutschen Truppen mussten sich dreier Offensiven der Roten Armee erwehren. Am 28. April wurde Josef schwer verwundet und am 18. Mai 1942 erlag er seinen Verwundungen im Lazarett. Josef wurde von seinen Kameraden in russischer Erde begraben. Der Brief eines ebenfalls verwundeten Kameraden gibt Auskunft über die letzten Tage von Josef Anton. Im Brief heißt es:

„Seine Verwundung geschah in der Zeit, in welcher ich infolge meines Geschwürs und Mittelohrentzündung täglich zum Hauptverbandsplatz musste. Eines Tages wurde Anton in selbigen eingeliefert. Kannte ihn früher weiters nicht, da die Kompanie selten vollständig beisammen und Anton in den anderen Gruppen war. Könnt euch vorstellen, wie seine Freude war, in Stunden schwerer Verwundung einen Kamerad aus seinem eigenen Heimatsbezirk kennen zu lernen. Gewiss, er hatte eine schwere Verwundung (Splitter im Kopf und Rücken), dennoch ertrug er die Schmerzen mit Geduld und Tapferkeit. Wir lagen mit einer Gruppe im Ort, zu welchem auch der Hauptverbandsplatz zählte. Folglich konnte ich Anton täglich besuchen. Immer größer war unsere Freude, wenn wir uns sahen und kurz von dies und jenem sprachen. Jegliche Wünsche wurden ihm gleich erfüllt. Unser Hauptfeldwebel schickte immer die besten Sachen wie Schokolade, Rotwein und dergleichen. So vergingen einige Tage, ohne dass sich eine Besserung oder Verschlechterung seines Zustandes erkennen ließ. Da, eines Abends bei meinem Besuch sagte er, es ginge ihm schlechter. Wir aber sagten, ach dieser Zustand geht wieder vorüber und machten ihm immer weiter Mut. Nur nicht auf falsche Gedanken kommen, es wird alles wieder gut werden! Doch den folgenden Vormittag brachte man mir die traurige Nachricht, dass Anton Josef in der vorangegangenen Nacht verstorben sei. Ich erkundigte mich gleich bei seinem Pfleger über die Todesstunde. Dieser sagte mir, es sei gegen 11 Uhr abends eingeschlafen und früh um 5 Uhr war er tot. Die Kameraden auf der Stube konnten es erst gar nicht glauben. Kurzum, er schlief ein und dies war sein letzter Schlaf. Ohne irgendwie mit dem Tode zu kämpfen, ging er in die Ewigkeit. Wir verloren in ihm einen guten Kameraden, der bei uns einen Namen besaß, wie nur einer ihn besitzen kann. Heute noch wird er in Gesprächen mit eingezogen. Weißt du noch: dort und dort. Anton, der gefallen bzw. gestorben ist, war auch dabei. Seine letzte Ruhe fand er auf einem schön neu angelegten Soldatenfriedhof am Waldrand zwischen Ustinovo und Bozy(?)“

Feldgrab des Gefreiten Anton Josef in Russland

Am 2. Oktober 1942 wurde der Tod von Josef Anton durch eine Nachricht der Wehrmachtauskunftsstelle amtlich bestätigt. Die Familie trauerte lange um Josef. Durch seinen Tod im Krieg rückte sein nachgeborener Bruder Eduard in die eigentlich für Josef vorgesehene Rolle und übernahm einen Teil der Grundstücke, zu denen auch die Weinberge auf dem Engelsberg gehörten.

Im Soldatenfriedhof Rshew bei Moskau wird an Josef Anton unter den unbekannten Soldaten erinnert. An ihren Onkel erinnern sich auch die beiden Nichten Lilo Schäfer und Brigitte Groeger, welche die Fotos für diesen Beitrag überlassen haben.

(Dr. Klaus Eichenlaub)