Lost Places in Römerberg
Bei Rheinkilometer 387 steht ein Gedenkstein der französischen Armee, der an die Opfer der Flussüberquerung am 31. März 1945 erinnert. Durch Landabrisse der Altrheinarme ist dieses Denkmal seit vielen Jahren nicht mehr zugänglich. Doch soll es an die schrecklichen Kämpfe am Ende des Zeiten Weltkriegs erinnern.


französischer General und Oberkommandierender der 1. französischen Armee, die am Ende des Zweiten Weltkriegs Südwestdeutschland eroberte. (Bild: Von Willem van de Poll – Nationaal Archief, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=44746990)
„Koste es was es wolle, auch wenn die Amerikaner dagegen sind. Sie müssen den Rhein überqueren.“
Die deutschen Truppen waren auf der Flucht vor den alliierten Truppen und zogen sich über die letzten intakten Rheinbrücken auf das Ostufer des Rheins zurück. Am 23. März wurde die Speyerer Rheinbrücke und am Folgetag der Germersheimer Rheinübergang von der Wehrmacht gesprengt. Amerikanische Verbände besetzten die Gemeinden zwischen Germersheim und Speyer.
Auch die französische Armee unter dem Oberbefehl von General de Gaulle beteiligte
sich mit einer algerisch-marokkanischen Pionier-Division, die von den Amerikanern ausgebildet und ausgerüstet worden war, an der Besetzung der umliegenden Ortschaften. General Jean de Lattre de Tassigny, verantwortlicher Befehlshaber vor Ort, erhielt von de Gaulle den Auftrag: „Koste es was es wolle, auch wenn die Amerikaner dagegen sind. Sie müssen den Rhein überqueren.“ Die USA hatte den Truppen de Gaulles nur eine untergeordnete Rolle zugedacht, doch auch Frankreich wollte sich am Ende des Krieges als Siegesmacht präsentieren.


Über 200 Franzosen ließen ihr Leben

Gegenüber der Rheinschanzinsel und 2 km rheinaufwärts bereiteten französische Ingenieur-Einheiten, ohne Wissen der US-Einheiten, innerhalb der Altrheinarme die Rheinüberquerung vor. Die Übergangsstellen wurden erkundet und Material vor Ort gebracht. Zur Vorbereitung feuerte französische Artillerie vom Hochufer zwischen Lingenfeld und Mechtersheim aus auf die in Rheinsheim in Stellung gegangenen deutschen Einheiten. Dabei wurden in dem badischen Ort die Hälfte der Häuser zerstört und eine Reihe Zivilisten kamen ums Leben. Es war die Nacht zwischen dem 30. und dem 31. März, von Karfreitag auf -samstag. Mit zunächst einmal fünfzehn Booten, es waren einfache Schlauchboote, versuchten die französischen Einheiten am nächsten Morgen, zwei Stunden vor Sonnenaufgang, das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Die Boote trieben zunächst in der Flussströmung, doch als die Motoren starteten, waren sie dem Maschinen-gewehrfeuer der Deutschen ausgeliefert. Fünf Motoren sprangen gar nicht erst an. Sieben Boote wurden getroffen und sanken, die Insassen aus Algerien und
Marokko fanden in der Fluss-strömung den Tod. Um 14.30 Uhr startete eine zweite Welle mit zehn Booten. Bevor sie aus dem Altrhein-arm herausbogen, waren drei davon bereits getroffen worden, fünf weitere gingen im Fluss unter, nur zwei Boote mit etwa zwanzig Infanteristen erreichten das rechte Rheinufer. Von einer dritten Welle mit fünf Booten kam nur eins am gegenüberliegenden Ufer an. Nur knapp 50 Franzosen waren bis zum Abend übergesetzt und kämpften sich von dort unter größten Verlusten weiter vorwärts. Über 200 Franzosen hatten an diesem Tag ihr Leben gelassen oder wurden verwundet. Zwei algerische Kompanien überquerten am 31. März bei Speyer den Rhein, wo es eine geringere deutsche Gegenwehr gab, und bildeten dort einen Brückenkopf. Am Mechtersheimer Übergang wurde an den Folgetagen ein Stahlseil befestigt, an dem mittels einer Fährverbindung Gefechtsfahrzeuge auf die andere Seite geschafft wurden. Rheinhausen und Oberhausen wurden französisch besetzt. Die französischen Streitkräfte drangen weiter Richtung Karlsruhe vor. Bei Kriegsende war die
Vorder- und Südpfalz sowie das Gebiet des heutigen Baden-Württemberg französisch besetzt und Frankreich nahm so Einfluss auf das Besatzungsgeschehen in der Nachkriegszeit. Zahlreiche Fran-zosen wurden auf dem Friedhof von Mechtersheim beigesetzt. Einige Verletzte wurden in Krankenhäusern in Speyer behandelt.
Bereits am 31. März 1945 begannen französische Pioniere unterhalb der gesprengten Speyerer Brücke mit dem Bau einer Pontonbrücke, die ab dem 3. April 1945 befahrbar war, allerdings ausschließlich für den Militärverkehr. Am 7. April 1945 besuchte de Gaulle die französischen Truppen in Speyer. Ein Jahr später, genau am 31. März 1946, weihte General de Lattre ein Denk-mal zwischen den beiden Übergangsstellen am Lingenfelder und Mechtersheimer Altrhein auf der Dreiecksinsel genannt Krabbenkopf ein. Am gleichen Tag widmete man auch am Neuen Rheinhafen in Speyer eine Gedenkstele dem dortigen Rheinüberquerung.

Beschädigung, Restaurierung und Feier “50 Jahre nach Kriegsende”
Das Denkmal am Rheinkilometer 387 wurde am 20. April 1989 (100. Geburtstag Adolf Hitlers) vermutlich von nationalistisch gesinnten Tätern teilzerstört, im Anschluss jedoch wieder restauriert. Zur Feier „50 Jahre nach Kriegsende“ im Jahr 1995 wurde an der dem Land zugewandten Stirnseite eine Metalltafel mit folgender Inschrift angebracht:
Ici le 31 mars 1945 le Rhin tut franchi de vive force parle 4. Régiment de Tirailleurs Marocains de la 2. Division d’Infanterie Francaise“
(Hier wurde am 31. März 1945 der Rhein im Sturm überquert durch das 4. Marokkanische Schützenregiment der 2. Französischen Infanteriedivision). In der zuvor erfolgten Inschrift auf der Südseite des Denkmals sind die marokkanischen Truppen nur unter einer Reihe weiterer französischer Truppenteile aufgeführt.
Text: Hartwig Humbert und Thomas Sartingen, Verein für Heimat- und Brauchtumspflege in Römerberg e.V.
