Fundort eines mittelalterlichen Münzschatzes in Römerberg-Mechtersheim

Lost Places in Römerberg

Als man den Topf vorsichtig öffnete, blieb den Umstehenden wohl der Mund offen stehen. Das Gefäß war bis zum Rand gefüllt mit einer Unzahl alter Münzen.

Im Mai 1910 wurde auf dem Anwesen von Wagnermeister Georg Geiß (1880 – 1955) und seiner Ehefrau Katharina geb. von Gerichten (1887 – 1968) im Bereich des Altenhofs (heute Mechtersheimer Str. 52) eine neue Dunggrube ausgehoben. Dabei stieß man auf einen schwarzgebrannten Tontopf mit Deckel, der natürlich gleich das Interesse der Mithelfenden erregte. Als man den Topf vorsichtig öffnete, blieb den Umstehenden wohl der Mund offen stehen. Das Gefäß war bis zum Rand gefüllt mit einer Unzahl alter Münzen.

Der Münzschatz von Römerberg-Mechtersheim (Bild: Peter Haag-Kirchner, Historisches Museum der Pfalz in Speyer)

Der Fund umfasste zur Zeit des Hochmittelalters etwa 500 Tageslöhne

Münzbeispiel aus der Speyerer Münzanstalt von Bischof Konrad I. 

Wie es sich durch die Expertise des Historischen Vereins der Pfalz, der einen Großteil der Fundstücke erwerben konnte, nach entsprechender Zählung und Analyse herausstellte, handelte es sich dabei um 3446 ganze und 521 halbierte Denare aus dem Mittelalter. Im 8. Jahrhundert war der Denar seit Karl dem Großen die Hauptmünze des Karolinger-Reiches und gleichbedeutend mit dem Pfennig. Dass der Wert eines mittelalterlichen Pfennigs kaum mit diesem Münzwert des 20. Jahrhunderts vergleichbar ist, bleibt nachvollziehbar. Die

Bedeutung dieses Schatzes war immens für den anzunehmenden frühen Einwohner Mechtersheim, der die Münzen wohl in Kriegszeiten versteckt haben muss. Der Fund umfasste zur Zeit des Hochmittelalters etwa 500 Tageslöhne. Nur sehr reiche Kaufleute oder Würdenträger konnten eine solche Geldmenge besitzen. Heute werden diese antiken Münzen für Sammler mit jeweils deutlich über 100 Euro gehandelt. Der Sammlerwert des gesamten Fundes würde heute also über 500.000 Euro betragen.

Burg Scharfenberg im Pfälzerwald bei Leinsweiler (Bild: TipFox via Wikimedia-Commons)

Die Bischöfe in Speyer

Heinrich I. von Scharfenberg, die Familie hatte ihren Stammsitz auf der Burg Scharfenberg bei Leinsweiler und Annweiler („Münz“), war ein Jugendfreund von König Heinrich IV. (1050 – 1106) und wurde von diesem noch als Minderjähriger zum 31. Bischof von Speyer ernannt. Seit Mitte des 10. Jahrhunderts hatten die Bischöfe dort das Münzrecht. Die Stadtbevölkerung zeigte gegenüber dem eingesetzten Jungspunt wenig Respekt, zumal dieser „ein genusssüchtiger Verschwender war, der das Kirchengut ungehemmt verprasste“. Ein Chronist berichtet, dass er am 29. Dezember vor Mitternacht, wohl im Jahr 1072, starb, nachdem er während der Liturgie im abendlichen Vespergottesdienst einen Erstickungsanfall erlitten hatte. 

Ob die Münzen mit einem großzügigen Umbau des Doms nach 1081 zu tun hat, lässt sich nicht nachweisen. Bischof Rüdiger (genannt Huzmann), von 1074 bis 1090 Nachfolger von Bischof Heinrich I., stattete die städtischen Juden als Fernhandelskaufleute mit weitreichenden Privilegien aus. Ob hier in Mechtersheim einer dieser Kaufleute seinen Schatz versteckte, als er auf Reisen ging oder Kriegsgefahr nahte?

Die einzelnen Münzen

Bis auf ca. 150 Münzen waren fast alle Münzen in der Speyerer Münzanstalt unter Bischof Heinrich I. von Scharfenberg geprägt, der von 1067 bis 1073 den Speyerer Bischofsstuhl innehatte. Die Geldstücke haben einen Durchmesser von etwa 20 mm und wiegen 0,8 bis 0,9 g. Die Vorderseiten zeigen die Brustbilder zweier gekrönter Könige, beschriftet mit den Buchstaben HENRICVS REX (König Heinrich). Sie sind ein Hinweis auf die Zeit des Doppelkönigtums von Konrad II. und Heinrich III. (1039 – 1056). Auf der Rückseite der Münze ist ein Bischof mit Bischofsstab abgebildet. Die Umschrift lautet HENRICVS EP[i]S[copus] (Bischof Heinrich).

Es kann konstatiert werden, dass der Schatz noch in der Amtszeit von Bischof Heinrich vergraben wurde. Weitere Münzen stammen aus den Prägeanstalten Worms, Mainz, Konstanz und Straßburg, einzelne Exemplare kamen aus Trier, Basel, Zürich, Augsburg, Goslar und dem italienischen Lucca, allesamt aus dem angegebenen Zeitraum. Teilweise wirkten die Geldstücke noch stempelfrisch und zeigten keine Abnutzungserscheinungen durch einen längeren Umlauf. Auffällig waren die vielen, scharf zerschnittenen und halbierten Denare, deren Wert offensichtlich im Handel notwendig waren.

Das Gesamtgewicht der Münzen beträgt ca. 3250 Gramm. Sie werden im Historischen Museum in Speyer aufbewahrt, ein Teil muss jedoch in andere Hände gelangt sein. Auf den Münzen sind häufig Gesichter, wohl die Regenten oder Landesherrn der jeweiligen Prägestätten, aber auch Gebäude (Kirchen?) sowie verschiedene Kreuzformen abgebildet. Durch letztere sind einzelne Funde auch dem jeweiligen Bischofssitz zuzuordnen. Numismatiker bewerten den Schatzfund von Mechtersheim als den bedeutendsten Münzfund aus dem salischen Reich.

Speyer, Dom und Jesuitenkirche nach der sog. “Kölner Zeichnung” von 1606 (Bild: gemeinfrei)

Folgerungen aus dem Fund

Im Investiturstreit zwischen der weltlichen Macht des Saliergeschlechts und der geistlichen Macht des Papstes, bei dem es um die Zuständigkeit für die Einsetzung von Äbten und Bischöfen ging, hielt sich Bischof Rüdiger auf die Seite von König Heinrich IV. und geriet deshalb unter päpstlichen Bann. Um den Bann zu lösen, zog er nach Rom und nahm eine Klosterhaft auf sich. Auf jeden Fall liegt die Zeit, aus der der Fund stammt, vor der ersten urkundlichen Erwähnung der Römerberger Ortsteile (Mechtersheim: 1136, Heiligenstein und

Berghausen 1191) und beweist, dass es bereits zuvor, wie z.B. das merowingische Gräberfeld am „Alten Berg“ in Heiligenstein beweist, eine menschliche Besiedlung der Römerberger Ortsteile gab.

(Hartwig Humbert, Verein für Heimat- und Brauchtumspflege in Römerberg e.V., 2025)